Der Drang nach technischer Weiterentwicklung steckt in der Natur des Menschen. Und weit sind wir schon gekommen: Computer und Roboter vereinfachen den privaten und beruflichen Alltag wie nie zuvor. Auch auf dem Markt für geistig-kreative Leistungen tauchen immer mehr Angebote auf, die auf künstliche Intelligenz (KI) bauen. Für die Texterstellung zum Beispiel. Grund zur Freude oder Sorge?

Killt KI den Content Marketer? – Airmotion Media© Foto: kung_tom/Shutterstock

 

KI, übernehmen Sie

Künstliche Intelligenz und Roboter sind auf dem Vormarsch – ohne Wenn und Aber. Sie werden uns in Zukunft wohl weit mehr begleiten, als wir uns das heute vorstellen können. Die „KI“ verändert unsere Gesellschaft in vielen Bereichen bereits heute mit rasanter Geschwindigkeit: Sie unterstützt ältere Menschen, hilft bei der ärztlichen Diagnose oder übernimmt Aufgaben von Mitarbeitern in der Verwaltung. Außerdem sind KI-Anwendungen in den Bereichen Polizei, persönliche Weiterbildung, Schiedsrichter im Sport oder Beratung in Finanz- und Versicherungsdienstleistungen geplant oder bereits umgesetzt. Auch die gesellschaftlich-moralische Akzeptanz wächst: Laut einer Bitkom-Umfrage hielten Ende 2018 gut zwei Drittel der Deutschen die Entwicklung auf dem Sektor für positiv. Ein Jahr zuvor überwogen hier noch Skepsis und „Roboter-Angst“.

Schon allein wegen der gemeinsamen digitalen Basis war es nur logisch, dass auch Content Marketing eher früher als später mit künstlicher Intelligenz in Berührung kommt. Roboter, die den Menschen bei der Inhalte-Erstellung unterstützen oder sogar obsolet machen – ein (Alp-)Traum? Tatsächlich ist die automatische Textgenerierung bereits voll dabei, sich einen hohen Stellenwert zu erarbeiten. Es ist zwar nach wie vor schwierig, sich ausnahmslos Robotertexte erstellen zu lassen, aber in einigen Anwendungsbereichen haben die KI-Texte der „schlauen Algorithmen“ durchaus ihren Sinn und ihre Berechtigung.

 

Wie funktionieren Textroboter?

Textroboter verdienen den Namen Roboter eigentlich nicht. Es handelt sich bei den Kameraden nämlich nicht um die Brüder des (nicht immer) perfekt kommunizierenden Star-Wars-Droiden C-3PO, sondern um Programme, die menschlich zusammengetragene Text-Datenbestände nach mehr oder weniger guten menschlichen Vorgaben abgrasen und qualitativ (noch) stark variierenden textlichen Output liefern. Was ursprünglich nur für einfache Übersetzungen taugte, kann inzwischen – je nach Einsatzgebiet – komplexe grammatikalische und semantische Zusammenhänge erfassen, verarbeiten und wiedergeben. Schlüssel dazu ist „Deep Learning“, die maschinelle Lernfähigkeit auf Basis neuronaler Strukturen, die zu immer besseren, menschlicheren Ergebnissen beitragen soll.

Ein seit ein paar Jahren angebotenes maschinelles Hilfsmittel zur Texterstellung ist die sogenannte Spinning Software: Beim Article oder Text Spinning erstellt ein (Online-)Tool neue oder verwandelt bestehende, alte Texte auf Basis von Synonymen, welche vorher ebenso höchst menschlich einzupflegen sind. Es „spinnt“ die Begriffe durch und setzt sie möglichst passend wieder ein, wodurch sich ein neues Erscheinungsbild des Textes ergibt – vor allem aus SEO-Gesichtspunkten. Je größer die Anzahl der „erlernten“ Wörter und Phrasen, desto mehr Synonyme kann die Software beim Spinnen in die neue Textversion einfließen lassen. Oder anders ausgedrückt: Je umfangreicher die genutzte Datenbank der Spinning-Software ausfällt, desto besser und uniquer ist der Output, den uns die Algorithmen des Programms liefern. Umsonst gibt es also nichts – zuerst muss ordentlich geackert werden.

Außer der grundlegenden menschlichen „Befütterung“ und einer mehr oder weniger ausgeklügelten Programmierung hat der digitale Schreibassistent keine Basis, auf die er beim Texten zurückgreifen kann. Eine hundertprozentige Lösung kann das nicht sein, dafür ist das „Gespür“ für den Zusammenhang meist noch zu unterentwickelt: So kann es vorkommen, dass die Software das ein oder andere Wort durch ein situativ einfach nicht ganz passendes Synonyme ersetzt – der Text wirkt plötzlich künstlich, Sinn und Qualität gehen verloren. Dennoch: Schreibroboter sind durchaus mächtig, sinnvolle Satzkonstruktionen herzustellen und inzwischen auch in der Lage, sowohl gut mit Werbefloskeln als auch mit passenden Attributen für bestimmte Produktsparten umzugehen. Natürlich stehen Sie auch rund um die Uhr ohne Ermüdungserscheinungen bereit…

 

Wofür eignen sich die eifrigen Computer-Schreiberlinge?

Wer schon einmal in den großen Online-Shops gestöbert hat, den wird es kaum verwundern, dass Unternehmen die Verwendung abertausender Produktbeschreibungen mit automatisch generierten Texten forcieren wollen. Gerade im E-Commerce bieten Industriegiganten Tools an, welche die künstliche Schreiberei nach vorne bringen werden. Google Vision beispielsweise erkennt Produkte anhand von Bildern und generiert dann smarte Texte dazu. Werden zielgruppenspezifische Informationen in ein intelligentes Schreibsystem eingespeist, passt die Software den Content nach SEO-Vorgaben an. Solche von Maschinen geschriebene Texte sind vor allem in folgenden Bereichen bereits erfolgreich im Einsatz:

Nachrichtentexte wie Sportmeldungen, Börsennews oder Kurznachrichten über aktuelle Tagesereignisse eignen sich aufgrund ihrer einfachen Struktur. Der Service Reportexpress beispielsweise ist in der Lage, Fußball-Spielberichte per Knopfdruck in professioneller Qualität zu erstellen.

Produktbeschreibungen in Online-Shops werden in Zukunft kaum noch eine menschliche Challenge sein. Gerade dann, wenn sich Produkte nur minimal voneinander unterscheiden, siegt oft die Monotonie über den Ideenreichtum der natürlichen Schreiber. KI schließt diese und doppelten Content gekonnt aus.

Kategoriebeschreibungen sind umfangreicher und gleichzeitig allgemeiner als Produktbeschreibungen verfasst. Daten und Fakten müssen sauber strukturiert in die Beschreibung einfließen. Auch hier liefern viele Textrobotern bereits beachtliche Ergebnisse.

Guten Übersetzungsalgorithmen gelingen mittlerweile sogar schon ansprechende Interpretationen fremdsprachiger Originaltexte: Moderne KI schafft den Spagat, nicht nur eins zu eins zu übersetzen, sondern die Grammatik der jeweils zu übersetzenden Sprache in die Übersetzungen einzubinden. Lediglich bei feinen Nuancen oder versteckte Botschaften muss der Mensch ran, der den Output der Maschine zumindest kontrolliert.
 

Einschränkungen der automatisierten Text-Produktion

Es wäre bei weitem zu einfach und daneben ungerecht, die künstliche Schreiberei als Allheilmittel für die Content-Erstellung anzupreisen. Das ohne Frage vielerorts brauchbare Werkzeug eignet sich nämlich nicht für alle Aufgaben und muss in folgenden Situationen Minuspunkte hinnehmen:

1. Gute Ergebnisse sind von Textrobotern nur zu erwarten, wenn der Mensch zuvor riesige Datenmengen in große Datenbanken eingespeist hat. Das ist viel Arbeit und kostet viel Zeit und Geld. Ohne den richtigen Input fehlt den KI-Texten das notwendige Vokabular, das bis dato nur von Menschen zu hochwertigem Content umgesetzt werden kann.

2. Sind Geschichten gefordert oder werden Metaphern erwartet, lassen automatisierte Texte zu wünschen übrig. KI ist nicht in der Lage, hohe Textanforderungen zu erfüllen. Wer sich nach starken Emotionen in Texten sehnt, tut gut daran, sich die Arbeit von menschlichen Textprofis zu sichern.

3. Komplexe Textoptimierung ist für Schreibroboter ein kaum lösbares Problem. Während sich die digitalen Texter bei einfacher SEO-Optimierung noch einigermaßen gut aus der Affäre ziehen, fehlt das Feingefühl für schwierigere Optimierungen nach dem WDF-IDF-Prinzip. Hier gilt es, die Texte fachmännisch von einem SEO-Experten begutachten und gegebenenfalls nachbearbeiten zu lassen.
 

Wo die künstliche Intelligenz beim Content Marketing an ihre Grenzen stößt

Komplexität und Länge innovativer Texte setzen die Grenze für KI-Texte. Diese punkten, wenn es darum geht, aus ein und demselben Text Varianten zu erstellen oder Produkte sinnvoll zu beschreiben. Das ist nicht besonders kreativ und benötigt massive Daten, die zuvor von Menschenhand in Datenbanken eingetragen werden müssen.

Repetitive und eher wenig kreative Aufgaben sind durch KI-Texte leicht zu lösen. Geht es aber um eigenständige Ideen und Kreationen, fehlt es der automatischen Textgenerierung an Innovation, Gefühl und der Fähigkeit Geschichten zu erzählen. Eine Neuverteilung der Ressource Mensch ist dennoch angebracht. Hochwertiger Content kommt von Menschen – generischen Content werden in Zukunft hauptsächlich Maschinen übernehmen. Dadurch entsteht mehr Zeit und Raum für wirklich kreative Aufgaben, welche die automatische Textgenerierung nicht zu lösen vermag. Robotertexte werden dann von künstlichen Superhirnen erstellt, die am Ende aber dann doch nur so gut sind, wie die Datenbanken, auf welche die digitalen Schreibstubenangestellten zurückgreifen. Hochqualitative Content Creation wie auch Content Marketing als Ganzes müssen und werden also auch bei wachsender künstlicher Intelligenz fest in menschlicher Hand bleiben.
 

Natürlich intelligente Content-Marketing-Lösungen sind Ihr Ding?